Am 1. April 1971 ging nicht nur beim Bayerischen Rundfunk die Bayern3-Servicewelle auf Sendung, sondern auch bei der Bayerischen Polizei die Verkehrslagemeldestelle Süd in Betrieb. Diese war damals bei der Landpolizeidirektion Oberbayern (später: Polizeipräsidium Oberbayern) in München angesiedelt und nahm gleichzeitig die Aufgaben einer Landesmeldestelle für den Verkehrswarndienst in Bayern wahr. Zuletzt zog die Verkehrsmeldestelle Bayern am 01.12.2008 im Rahmen der Polizeireform nach Rosenheim in das Polizeipräsidium Oberbayern Süd um.
In den Anfängen des Verkehrswarndienstes wurden Verkehrsmeldungen ausschließlich telefonisch an den Rundfunk (und damals war das nur der Bayerische Rundfunk, private Rundfunkanbieter gab es noch nicht) weitergegeben. Im Laufe der Jahre nahmen mit dem Verkehr auch die Verkehrsstörungen immer mehr zu und die Informationen zur Verkehrslage gewannen an Bedeutung. Diese Erkenntnisse kamen damals im Wesentlichen von den Dienstfahrzeugen der Autobahnpolizeidienststellen über die Einsatzzentralen zur jeweiligen Verkehrsmeldestelle.
Dieses System stieß sehr schnell an seine Grenzen. Daher wurde bereits ab dem Jahre 1976 eine EDV-gestützte Meldungsweitergabe an den Bayerischen Rundfunk eingerichtet. In diesem Zusammenhang ein kleiner Zahlenvergleich: vom 01.07.1979 bis zum 30.06.1980 wurden bei der Verkehrsmeldestelle Bayern etwa 20.000 Verkehrsmeldungen verarbeitet, im Jahre 2024 waren es fast 450.000.
Ab Mitte der 80er Jahre wurde der Radio Data Systems-/Traffic Message Channel- (RDS-/TMC-)Standard entwickelt. Dieser stellte einen Meilenstein im Bereich des Verkehrswarndienstes dar. RDS/TMC ist eine Technik zur Übertragung von digitalen Informationen über analoge Rundfunkwellen. Hierzu stehen verschiedene Kanäle zur Verfügung, von denen einer zur Übertragung von Verkehrsinformationen reserviert ist. Verkehrsmeldungen werden mittels eines standardisierten Protokolls kodiert. Kernstücke des Protokolls sind die „Location Code List“ zur Bestimmung der Örtlichkeiten oder Streckenabschnitte und die „Event Code List“ zur Definition von Ereignissen (z.B. Stau, Unfall, Baustelle). RDS/TMC wurde in bundesweiten Feld-versuchen von 1994 bis 1996 erprobt und in Bayern am 01.06.2000 eingeführt. Seither können entsprechend ausgerüstete Endgeräte (i.d.R. Navigationsgeräte) Verkehrsmeldungen automatisch verarbeiten und bei der Routenführung berück-sichtigen. RDS/TMC, der Standard im Bereich des Verkehrswarndienstes, der heute weltweit am meisten verbreitet ist, hat allerdings einen gravierenden Nachteil: Außer den vordefinierten Örtlichkeiten der Location Code List (nur ca. 50.000 bundesweit) und Ereignissen der Event Code List (ca. 2.000) können keine anderen Informationen (wie z.B. andere Örtlichkeiten oder Freitexte) verarbeitet werden.
Daher hat die Verkehrsmeldestelle Bayern am 16.05.2017 eine neue (Verkehrswarndienst-)Software bei der Bayerischen Polizei eingeführt, die in der Lage ist, den neuen Dateistandard TPEG (Transport Protocol Expert Groups) zu bedienen. Dieser neue Standard erlaubt es dem Rundfunk, über das digitale Radio (DAB+) wesentlich mehr Informationen einschließlich einer genauen Geocodierung (Koordinaten) zu senden. Auch andere Dienstleister (Provider) können diese georeferenzierten Verkehrsmeldungen verarbeiten und z.B. über mobiles Internet in die Fahrzeuge übertragen. Somit entfallen die technischen Restriktionen von RDS/TMC und man kann Verkehrsinformationen für alle Straßen erfassen und verbreiten.
In Laufe der Zeit verließ man sich nicht mehr allein auf die „Aufklärungsergebnisse“ der Autobahnstreifen, sondern es wurden mit den Verkehrs- und Streckenbeeinflussungsanlagen (Schilderbrücken) auf den Autobahnen auch Detektoren („Kontaktschleifen“) verbaut, die Informationen über Geschwindigkeiten und Fahrzeugmengen und somit über die Verkehrsbelastung einzelner Streckenabschnitte liefern. Diese Informationen werden zur Schaltung der Schilderbrücken genutzt. Früher nutzte die Verkehrsmeldestelle Bayern diese Messwerte, um aus diesen Daten automatisch erzeugte Verkehrsmeldungen zu erhalten. Da sich die räumliche Abdeckung allerdings lediglich auf einige wenige Autobahnabschnitte beschränkte, nutzt die Verkehrsmeldestelle mittlerweile sogenannte „Floating Car Data (FCD)“, also Verkehrsflussdaten, von einem externen Anbieter. Aus diesen FCD werden für das gesamte Autobahnnetz und auch für die Bundesstraßen automatisch Verkehrsmeldungen erzeugt, wenn der Verkehr stockt oder staut.
Neben dieser automatisierten Datenerhebung werden Informationen zur Verkehrssituation auch weiterhin durch die Polizei erhoben, durch die Einsatzzentralen der bayerischen Polizeipräsidien als Verkehrsmeldung erfasst und an die Verkehrsmeldestelle Bayern elektronisch übersandt. Neben diesen beiden Quellen nutzt die Verkehrsmeldestelle Bayern auch die übers Internet erreichbaren Verkehrskameras (Webcams; einzusehen über bayerninfo.de).
Zudem steht die Verkehrsmeldestelle Bayern über die Nationale Meldestelle in Duisburg (Nordrhein-Westfalen) mit allen Bundesländern in einem Meldungsverbund. Auch mit ausländischen Verkehrszentralen (Österreich, Schweiz, Südtirol) werden Daten über die Verkehrslage ausgetauscht. Daneben fließen noch Informationen des Deutschen Wetterdienstes, des Gesamtverbandes der Versicherer (GDV) sowie der Straßenbaubehörden in die Informationsverarbeitung der Verkehrsmeldestelle Bayern mit ein. All diese Daten werden den an der Verkehrsmeldestelle Bayern angeschlossenen Abnehmern (Rundfunk, ADAC, Internetdienste u.a.) kostenlos zur Verfügung gestellt.
Neben den staatlichen Institutionen erheben auch private Unternehmen Daten zur Verkehrslage, die i.d.R. aber nur kostenpflichtig an den Endnutzer, sprich den Verkehrsteilnehmenden, abgegeben werden. Mobilfunkanbieter verfügen beispielsweise über Massen von Bewegungsdaten ihrer Kunden, die sich über Berechnungsmodelle zu Verkehrsmeldungen generieren lassen. Andere Informationsquellen stellen die Daten in modernen Fahrzeugen (Stichwort: CAN-Bus-System) oder aus Flottenmanagementsystem (z.B. von Speditionen) dar, die permanent erhoben werden und für Verkehrsinformationen nutzbar sind. Diese Aufzählung ist nur beispielhaft und nicht abschließend.
Dies bedeutet aber auch, dass zukünftig wesentlich mehr Daten über die Verkehrsbelastung auf dem sekundären Straßennetz (außerhalb von Autobahnen) verfügbar sind und Ausweichstrecken genauer berechnet werden können. Sie als Verkehrsteilnehmender sind mit ihrem Fahrzeug somit nicht mehr nur Bestandteil des Staus, sondern auch Teil der Meldekette im Verkehrswarn- und -informationsdienst.
Kontaktdaten der Verkehrsmeldestelle Bayern:
Polizeipräsidium Oberbayern Süd
Verkehrsmeldestelle Bayern
Kaiserstraße 32
83022 Rosenheim
Sie erreichen die Verkehrsmeldestelle Bayern am besten per E-Mail