10 Jahre bayerische Härtefallkommission

München, 30.09.2016

10 Jahre bayerische Härtefallkommission - Bayerns Innenminister Joachim Herrmann würdigt verantwortungsvolle ehrenamtliche Arbeit der Kommissionsmitglieder: Insgesamt 820 Ausreispflichtige erhielten Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen - Insgesamt 37.281 Ausreispflichtige mussten Bayern verlassen

+++ Vor fast genau zehn Jahren, am 26. September 2006, tagte erstmals die bayerische Härtefallkommission. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann würdigte im Rahmen einer Feierstunde gemeinsam mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten und früheren bayerischen Innenminister Dr. Günther Beckstein die ehrenamtliche Tätigkeit ihres Vorsitzenden, Verwaltungsdirektor Wilfried Mück vom Caritas-Landesverband Bayern, und ihrer Mitglieder: „Die Kommission ermöglichte bislang 820 ausreisepflichtigen Ausländern ein Aufenthaltsrecht aufgrund dringender humanitärer oder persönlicher  Gründe. Das sind Ausnahmefälle, bei denen wir wegen einer  außergewöhnlichen Fallkonstellation trotz Ausreisepflicht von einer Aufenthaltsbeendigung in Deutschland absehen“. +++

Darunter etwa ein 33-jähriger Iraker, der als Minderjähriger im Jahr 2000 nach Deutschland kam und nun als Betreuungsassistent demenzkranke Menschen betreut, ein 29-jähriger Nigerianer mit Ausbildung in der Krankenpflege oder eine 23-jährige Dagestanerin, die sich als Sozialpflegerin nun bis zum Abitur durchkämpfte. „Alle sprechen hervorragend deutsch und haben von Beginn an selbstständig für ihren Lebensunterhalt gesorgt“, betonte Herrmann. Der Bayerische Innenminister dankte den Mitgliedern der Härtefallkommission, dass sie von ihrem Vorschlagsrecht maß- und verantwortungsvoll Gebrauch machen und nur wirklich begründete Fälle dem Innenministerium zur Entscheidung vorlegen. "Auf diese Weise kann man in echten Härtefällen sachgerecht und menschenwürdig  helfen. Die bayerische Härtefallkommission ist gerade deshalb eine Erfolgsgeschichte. Ihre Fachkompetenz wird mittlerweile von allen gesellschaftlichen Gruppen sehr geschätzt."

Herrmann dankte ebenso dem ehemaligen Ministerpräsidenten und früheren bayerischen Innenminister Dr. Günther Beckstein, den er als 'Vater der gesetzlichen Härtefallregelung' bezeichnete. Es sei 2004 beim damaligen Ringen um das Zuwanderungsrecht dessen Idee gewesen, in schwierigen humanitären Einzelfällen trotz Ausreisepflicht Bleiberechte im Bundesaufenthaltsgesetz zu verankern.

Mit der bayerischen Härtefallkommissionsverordnung vom 8. August 2006 wurden im Herbst 2006 neun ehrenamtlich tätige Mitglieder sowie deren Stellvertreter in die Härtefallkommission berufen. Den Vorsitz führt seit Beginn Verwaltungsdirektor Wilfried Mück vom Caritas-Landesverband Bayern. Die Kommission besteht aus je einem Vertreter der Katholischen Kirche und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, drei Vertretern der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege in Bayern und vier Vertretern der kommunalen Spitzenverbände. Ihre Geschäftsstelle hat die Härtefallkommission im Bayerischen Innenministerium.

Die Kommission stellt sogenannte Härtefallersuchen zur Entscheidung über ein Aufenthaltsrecht trotz bestehender vollziehbarer Ausreisepflicht an das Innenministerium. Härtefälle sind solche, bei denen nach Gesamtbetrachtung aller Umstände dringende humanitäre oder persönliche Gründe vorliegen, die die weitere Anwesenheit des Ausländers im Bundesgebiet rechtfertigen. Die Gründe können sich insbesondere aus einer besonderen sprachlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Integration in unsere Gesellschaft ergeben. Dabei wird auch berücksichtigt, ob der betreffende Ausländer die Gründe für die bisher nicht mögliche Aufenthaltsbeendigung zu vertreten hat, zum Beispiel ob er an der Klärung seiner Identität mitgewirkt hat. Allein die Verpflichtung, nach einem abgelehnten Asylverfahren, in das Heimatland zurückzukehren und sich dort wieder eine Lebensgrundlage zu schaffen, begründet noch keinen Härtefall. Herrmann: "Je länger sich jemand in Deutschland aufhält und umso besser er in die deutsche Gesellschaft integriert ist, desto eher kann es ihm unzumutbar sein, nach vielen Jahren des Aufenthalts in Deutschland in sein Heimatland zurückzukehren. Wer aber straffällig geworden ist, hat jedoch keine Chance, bei uns zu bleiben“.

Einschließlich Juni 2016 war die bayerische Härtefallkommission in zehn Jahren insgesamt mit rund 1.210 Fällen befasst. Das betraf rund 2.120 Personen. Es wurden 545 Fälle (991 Personen) von der Kommission beraten und in 462  Fällen (848 Personen) Härtefallersuchen zur Entscheidung an das Innenministerium gestellt. In 451 Fällen konnte dem Ersuchen bislang stattgegeben werden, so dass aufgrund der Tätigkeit der bayerischen Härtefallkommission über 820 Menschen ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen erhalten haben. Demgegenüber mussten im Zeitraum von 2006 bis August 2016 insgesamt über 37.000 Ausreisepflichtige Bayern verlassen.