Herrmann: Fritz-Neuland-Gedächtnispreis für besondere Courage gegen Antisemitismus erstmalig verliehen

Fritz-Neuland-Gedächtnispreis für besondere Courage gegen Antisemitismus erstmalig verliehen - Preisträger: Der Zentrale Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Justiz und die AG PRIOX des Polizeipräsidiums Unterfranken - Zeichen gegen schlimmste Antisemitismus-Welle seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs

+++ Vorbildlicher Einsatz im Kampf gegen Antisemitismus: Der Zentrale Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Justiz, Oberstaatsanwalt Andreas Franck, und die Arbeitsgruppe (AG) PRIOX des Polizeipräsidiums Unterfranken sind gestern (30. Juni) mit dem Fritz-Neuland-Gedächtnispreis im Münchner Justizpalast ausgezeichnet worden. Der Preis, ausgelobt von dem Münchner Michael Frederic Fischbaum in Zusammenarbeit mit den Bayerischen Staatsministerien der Justiz und des Innern, für Sport und Integration, wurde 2025 erstmalig vergeben. Er richtet sich an mutige und engagierte Juristen bzw. Angehörige von Polizei und Justiz und ist mit je 7.500 Euro dotiert.  +++

Bayerns Justizminister Georg Eisenreich beim Festakt: "Deutschland und die Welt erleben nach dem 7. Oktober 2023 die schlimmste Welle von Antisemitismus seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Es ist unsere Verantwortung, dass sich Jüdinnen und Juden in Bayern sicher fühlen können. Oberstaatsanwalt Andreas Franck setzt sich als Zentraler Antisemitismusbeauftragter der Bayerischen Justiz mit großer Überzeugung Tag für Tag für dieses Ziel ein – ein Engagement, das weit über das Erfüllen seiner Dienstpflichten hinausgeht." Dabei konnte er mit den Antisemitismusbeauftragten der bayerischen Generalstaatsanwaltschaften und den Ansprechpartnern für antisemitisch motivierte Straftaten bei den 22 bayerischen Staatsanwaltschaften schon beachtliche Erfolge erzielen und auch bundesweit Maßstäbe bei der Verfolgung antisemitisch motivierter Straftaten setzen. Wer die Parole "From the river to the sea" verwendet, muss nach Auffassung der bayerischen Staatsanwaltschaften mit Ermittlungen rechnen. Das Amtsgericht Sonthofen wie auch das Amtsgericht Fürstenfeldbruck haben deswegen bereits Angeklagte verurteilt. Eisenreich: "Es sind die bundesweit ersten Entscheidungen, die rechtskräftig wurden. Ich möchte Andreas Franck und auch der AG PRIOX des Polizeipräsidiums Unterfranken für ihren mutigen Einsatz danken und zum verdienten Fritz-Neuland-Gedächtnispreis gratulieren."

Die Arbeitsgruppe PRIOX des Polizeipräsidiums Unterfranken besteht seit vier Jahren. Das Kürzel PRIOX steht für "Prävention in der Organisation gegen Extremismus". Bayerns Innenminister Joachim Herrmann in seiner Laudatio: "Die Zahl antisemitischer Straftaten ist seit dem schrecklichen Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 deutlich angestiegen. Das ist auch im Angesicht unserer deutschen Geschichte verabscheuenswürdig und unerträglich. Unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger sollen sich in unserem Land heute und in Zukunft sicher und zuhause fühlen, ihr Schutz hat für die Bayerische Polizei besondere Bedeutung. Deshalb ist es auch so wichtig, präventiv durch umfassende Aufklärung Antisemitismus gar nicht erst aufkommen zu lassen. Hierzu leistet die AG PRIOX einen großartigen Beitrag. Sie ist mittlerweile ein kompetenter und anerkannter Kooperationspartner weit über das Polizeipräsidium Unterfranken und über die Grenzen Bayerns hinaus."

Namensgeber der Auszeichnung ist der Rechtsanwalt und zweite Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern nach dem Zweiten Weltkrieg, Fritz Neuland. Neuland war der Vater der heutigen Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern Dr. h.c. mult. Charlotte Knobloch. Charlotte Knobloch erinnerte im Justizpalast an die Verdienste ihres Vaters: "Mein g’ttseliger Vater war ein deutsch-jüdischer Patriot im allerbesten Sinne und ein bewundernswerter, niemals naiver Optimist. Diese Haltung hat er sich trotz Verfolgung, Zwangsarbeit und des großen Leids, das ihm in der Nazi-Zeit angetan wurde, bewahrt. Anders als die meisten jüdischen Überlebenden hat er sich 1945 bewusst dazu entschieden, nach der Befreiung vom Nationalsozialismus in Deutschland zu bleiben und sich für den Aufbau eines demokratischen Landes einzusetzen. Er glaubte an das Recht – und an die Menschen. Er glaubte daran, dass jüdisches Leben zu diesem Land gehört, und dafür hat er mit aller Kraft gearbeitet. Darin ist er mir bis heute das größte Vorbild." Preisstifter Michael Frederic Fischbaum betonte: "Ohne das mutige Handeln von Fritz Neuland hätte meine Großmutter mit größter Wahrscheinlichkeit den Holocaust nicht überlebt. Hätte sie nicht überlebt, wäre ich nicht am Leben. Es war mir also ein tiefes, inneres Bedürfnis, Fritz Neuland endlich mit einem Preis zu würdigen."

Dem Preisgericht gehören auch der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Dr. Ludwig Spaenle, und der Mit-Initiator des Preises, der Landtagsabgeordnete Josef Schmid an. Dr. Spaenle betonte in der Abschlussrede: "Der Zentrale Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Justiz und die AG PRIOX des Polizeipräsidiums Unterfranken werden durch den Fritz-Neuland-Gedächtnispreis für ihre ausgesprochen engagierte Arbeit gegen Antisemitismus und für uns als demokratischer Rechtsstaat ausgezeichnet. Dafür sage ich Dank. In einer Zeit, in der die Anzahl antisemitischer Straftaten und Vorfälle deutlich wächst, haben beide Zeichen gesetzt, dass Bayern hier an der Seite der Jüdinnen und Juden steht. Wir arbeiten derzeit daran, dass wir ein Netzwerk knüpfen zwischen Vertretern der Justiz und der Polizei mit denen aus dem Kulturbereich, damit wir im umfassenden Sinne jüdisches Leben im Freistaat fördern und gegen judenfeindliche Tendenzen und Täter angehen können. Beide Preisträger können dabei eine wichtige Rolle spielen."

Fotos der Veranstaltung werden zeitnah unter Medienportal - Bayerisches Staatsministerium der Justiz verfügbar sein.

 

Hintergrund: Über die Preisträger

  • Oberstaatsanwalt Andreas Franck (53), der Zentrale Antisemitismusbeauftragter der Bayerischen Justiz, begann seine Laufbahn im Jahr 1998 als Staatsanwalt in Passau. Im Jahr 2014 wurde Franck zum Oberstaatsanwalt bei der Generalstaatsanwaltschaft München befördert, drei Jahre später wechselte Franck in die neu gegründete und bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelte Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET). Vor fast vier Jahren wurde er dort hauptamtlich zum Zentralen Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Justiz bestellt, nachdem er sich bereits seit 2018 als Antisemitismusbeauftragter der Generalstaatsanwaltschaft im Kampf gegen judenfeindliche Straftaten verdient gemacht hatte. Franck schaltet sich seit Oktober 2021 konsequent bei Verfahren wegen antisemitischer Straftaten mit bayernweiter Bedeutung ein. Franck pflegt zahlreiche Kontakte nicht nur zu den Staatsanwaltschaften innerhalb und außerhalb Bayerns, sondern auch zum Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung und insbesondere zu den jüdischen Einrichtungen.

 

  • Die AG PRIOX des Polizeipräsidiums Unterfranken steht für "Prävention in der Organisation gegen Extremismus". Deutlich wird dies durch den Leitgedanken der AG PRIOX: "EXTREMISMUS konsequent entgegentreten – MENSCHENRECHTE schützen, VIELFALT verstehen, VERANTWORTUNG übernehmen!". Die AG PRIOX entwickelte bereits ein Gesamtkonzept zum Thema Extremismusprävention innerhalb des Polizeipräsidiums Unterfranken. Sie sieht die Qualifizierung und Fortbildung der Zwischenvorgesetzten als einen der Schwerpunkte ihrer Tätigkeit an und bietet hierfür Präventionsworkshops, Kurzworkshops und interne Fortbildungen etwa zur Antijüdischen Bildsprache an. Gleichzeitig hat die AG PRIOX seit ihrer Einrichtung ihr Themenfeld geschärft und ausgebaut. So stellen neben den Schwerpunkten Racial Profiling/Rassismus und Antisemitismus inzwischen auch Sexismus/Frauenfeindlichkeit und die Demokratieschulung Betzavta auf ihrer Agenda. Von großer Bedeutung ist auch die Gremien- und Netzwerkarbeit, die inzwischen sogar bundesweit erfolgt. So wurden z. B. Maßnahmen mit der Hochschule für öffentliches Management und Sicherheit der hessischen Polizei (HöMS) und dem Zentralrat der Juden zur Stärkung der Extremismusprävention durchgeführt.