Bereiche und Beispiele der kommunalen Zusammenarbeit

Der berühmte Blick über den Tellerrand kann oft Inspiration sein: So sollen gute Beispiele aus der Praxis Anregungen für eigene Kooperationsprojekte in den Kommunen geben. Projekte der interkommunalen Zusammenarbeit, die Vorteile schaffen für zwei Seiten, werden hier in den Fokus gerückt: 

Natürlich sind die beispielhaft ausgewählten Kooperationsaufgaben, Organisationsformen, Finanzierungsarten und Arbeitsweisen vor dem Hintergrund der konkreten lokalen Verhältnisse zu betrachten. Der Einzelfall entscheidet über ihre Übertragbarkeit. Wichtig zu wissen: Es ging bei der Zusammenstellung der Praxisbeispiele nicht um eine rechtliche Überprüfung. Die Einhaltung rechtlicher Erfordernisse im Falle einer möglichen Übertragung von Projekten wird weiter bei den jeweiligen Kommunen liegen. 

Das Fazit: Viele kommunale Aufgaben eignen sich für eine Zusammenarbeit in den wesentlichen Bereichen des Verwaltungshandelns. Personelle, strukturelle und organisatorische Veränderungen könnten in einer Kooperation damit verbunden sein.  Die Anwendungsgebiete reichen von der Raumentwicklung, dem Flächenmanagement, der Planung und Entwicklung von Wohn-, Gewerbe- und Verkehrsflächen über die gemeinsame Nutzung von Infrastruktur und technischen Einrichtungen bis zur gemeinsamen Beschaffung, der Gebäudewirtschaft sowie gemeinsamen Dienststellen mit spezialisiertem Personal.

Die Praxisbeispiele sind nach Themen sortiert. Ihre Vielfalt ist beachtlich: 

Abfallentsorgung

Im Bereich der Abfallwirtschaft ist interkommunale Zusammenarbeit bereits langjährig erprobt. Das Ziel: die Schaffung wirtschaftlicher Betriebsgrößen, um ausreichende Anlagenkapazitäten für die umweltgerechte Verwertung oder Entsorgung des gesamten Abfallspektrums bereitstellen zu können.

Abwasserentsorgung und Wasserversorgung

Die Zusammenarbeit bei der Betreuung von Kläranlagen kann durch regional organisierte Bereitschaftsdienste, eine Vertretungsregelung oder Mitbetreuung durch Klärwärter anderer Gemeinden erfolgen. Ebenso bietet sich eine gemeindeübergreifende Organisation der mechanischen Entwässerung, Trocknung und thermischen Entsorgung des Klärschlamms an.

Bauhof

Neben Personal- und Geräteleihen, gemeinsamen Schulungen und gemeinsamen Anschaffungen von Spezialgeräten, kann die Zusammenlegung von Bauhöfen zu Qualitätssteigerungen und einer wirtschaftlicheren Aufgabenwahrnehmung führen.

Vergabestelle

Die rechtskonforme Beschaffung von Bau-, Liefer- und Dienstleistungen stellt viele Gemeinden, die nur wenig Erfahrungen mit Ausschreibungsverfahren haben und kaum über Personal mit entsprechendem Fachwissen verfügen, vor große Herausforderungen. Eine zentrale Beschaffungsstelle kann für alle an der Kooperation beteiligten Kommunen neben Beratungsleistungen sämtliche Vergabeverfahren nach den einschlägigen vergaberechtlichen Bestimmungen vorbereiten. Mehr noch – je nach Wunsch der Kommunen kann die zentrale Beschaffungsstelle das Vergabeverfahren durchführen und einen beschlussfähigen Vergabevorschlag vorbereiten oder die eingegangenen Angebote werden der zuständigen Kommune zur Wertung zugeleitet. 

E-Government/EDV/Behördennetze

Die gemeinsame Nutzung von Systemen (Hard- und Software), gemeinsame Anschaffungen, gemeinsame Fortbildungen sowie gemeinsame Spezialisten für die Technik-Betreuung helfen, Kosten zu reduzieren. Auch ein kommunales Behördennetz oder E-Government-Anwendungen sind kostengünstiger in interkommunaler Zusammenarbeit aufzubauen.

Feuerwehren

Kosteneinsparungen können sich durch gemeinsame Ausschreibungen und Beschaffungen von Schutzausrüstung, Geräten, Fahrzeugen und Dienstleistungen, gemeinsame Vorhaltung von Ausrüstung sowie gemeinsame Werkstätten ergeben. Eine abgestimmte Bedarfs- und Entwicklungsplanung bis hin zu einer etwaigen Spezialisierung einzelner Wehren können Inhalte einer Feuerwehrkooperation sein.

Gesundheit

Die Gesundheitswirtschaft ist angesichts der demographischen Entwicklungen die Schlüsseldisziplin des 21. Jahrhunderts. In diesem Bewusstsein entstehen Netzwerke, um die regionalen Wertschöpfungsketten von der wissenschaftlichen Forschung und Lehre bis hin zur wirtschaftlichen Verwertung neuer Erkenntnisse und der Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in der Region nachhaltig zu unterstützen.

Gewässer/Naturschutz

Auch im Bereich Gewässer und Naturschutz ist interkommunale Zusammenarbeit sinnvoll. Die Broschüre „Beispiele aus Bayern: Kooperation bei der Unterhaltung kleiner Gewässer“, die das Bayerische Landesamt für Umwelt herausgegeben hat, soll Anregungen und Beispiele geben, wie die Unterhaltung der kleinen Gewässer durch Ausnutzung von Synergieeffekten ökologisch verträglich und gleichzeitig  wirtschaftlich gestaltet werden kann.

Kinder-, Jugend- und Seniorenarbeit

Durch Zusammenarbeit können Bildungs- und Betreuungsangebote sowie Kinder-, Jugend- und Seniorenarbeit vernetzt, Leistungsangebote verbessert und Standorte erhalten werden.

Klimaschutz/Energie

Der Umstieg auf erneuerbare Energien betrifft die Kommunen als Planungsträger und möglicherweise als Energieerzeuger. Bei der Erstellung von Energieleitplänen und Energienutzungsplänen sowie bei der Mitwirkung in Energieagenturen bieten sich Kooperationsmodelle ebenso an wie bei der Energieerzeugung.

Raum- und Ortsentwicklung/Flächenmanagement

Ein gemeinsames Gewerbegebiet an einem günstigen Standort könnte nicht nur die Zersiedlung eindämmen, sondern auch finanzielle Belastungen der einzelnen Kommunen verringern. So wird Lebensraum gestärkt und der Flächenverbrauch verringert. Eine gemeinsame Entwicklungsplanung ist deshalb empfehlenswert. 

Interkommunale Zusammenarbeit bietet überdies die Chance für städtebauliche Qualitätsverbesserungen (zum Beispiel zu den Themen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, Verkehrsplanung, Wohnumfeld, Nahversorgung). Gerade in Gebieten, die von der demographischen Entwicklung besonders betroffen sind, wird damit die Attraktivität erhöht.

Das Landesamt für Umwelt hat 2007/2008 das Modellprojekt „Flächenmanagement in interkommunaler Zusammenarbeit" durchgeführt. Der Endbericht enthält die ausführliche Dokumentation aller im Modellprojekt angewandten Bausteine. Gewerbeflächenmanagement bietet den Kommunen viele Vorteile. Das Bayerische Innenministerium hat hierzu einen Leitfaden herausgegeben.

Regionalinteressen/Größere Zusammenschlüsse/Wirtschaftsförderung

Globalisierung und Europäisierung führen zu einem verschärften Standortwettbewerb. Darin spielen Standortfaktoren wie eine leistungsstarke und kundenorientierte Verwaltung, eine gute Ausstattung mit Einrichtungen der Daseinsvorsorge sowie regionale Strukturen mit hoher Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit eine große Rolle. Die klassischen, kleinteiligen Raumstrukturen verlieren an Bedeutung. Vielmehr sind regionale Netzwerke zur regionalpolitischen Konsensfindung (zum Beispiel Regionalkonferenzen, Regionalverbände) notwendig, die von Verwaltung und Politik gefördert werden.

Standesamt

Mit einer Standesamtskooperation lassen sich spannende Einspareffekte erzielen. Zum Hintergrund: Das Standesamtswesen ist eine schwierige und sehr umfangreiche Rechtsmaterie, die kostenaufwändige Schulungsmaßnahmen erfordert. Obendrein stehen in kleinere Gemeinden nur relativ wenige Bearbeitungsfälle an – dennoch ist der Einarbeitungsaufwand hoch. Für eine Kooperation von Standesämtern können gemäß Art. 2 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (AGPStG) die Aufgaben des Standesamts oder die Durchführung der Aufgaben des Standesamts übertragen werden. In beiden Fällen können die Bürgermeister der abgebenden Gemeinde weiterhin Eheschließungen und Begründungen von Lebenspartnerschaften vornehmen (Art. 2 Abs. 3 AGPStG).

Tourismus, Kultur- und Freizeiteinrichtungen

Die gemeinsame Vermarktung einer Region durch mehrere Kommunen kann den Tourismus beleben. Der gemeinsame Betrieb von Tourismus-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen senkt Investitions- und Betriebskosten.

Verwaltung allgemein

Geschäftsprozesse, die einen hohen Standardisierungs- oder Spezialisierungsgrad aufweisen, bieten sich an für mehr Zusammenarbeit. So kann Fachpersonal (zum Beispiel im Bauingenieurwesen, Archivwesen oder in der Arbeitssicherheit) gemeinsam beschäftigt und effizient in mehreren Kommunen eingesetzt werden – vielleicht sogar über die Zusammenfassung in gemeinsamen Dienstleistungszentren. Hierfür bieten sich die Aufgaben der Personal-, Finanz- und Steuerverwaltung, des Datenschutzes, des Gebäudemanagements und der Ordnungsämter an.